RP-Forum Zukunftsmedizin 2018

Die Mehrheit der Bürger sind bereit, für eine bessere Gesundheit ihre medizinischen Daten zur Verfügung zu stellen. Das ist ein Ergebnis der großen Umfrage zum Thema Zukunftsmedizin.

Sind die Bundesbürger tatsächlich bereit, ihre Gesundheitsdaten zur Verfügung zu stelen, wenn sie dafür eine bessere medizinische Versorgung erhalten? Das war eine der Kernfragen, die die Rheinische Post in ihrem Special „Zukunftsmedizin“ gestellt hatte. Fragen, die die Menschen offensichtlich brennend beschäftigen, denn an der Online-Umfrage auf der Sonderseite „forum-zukunftsmedizin.de“ beteiligten sich bislang über 95.000 Menschen. Jetzt wurden die Ergebnisse im Rahmen einer Diskussionsrunde mit Medizin-Experten und Lesern bei Sigma in Düsseldorf vorgestellt – und überraschten auch so manchen Experten.

Die Überraschung war gelungen, als Steffen Braun (Partner vom Marktforschungsspezialisten Civey) die Ergebnisse der Online-Umfrage vorstellte. Über 50 Prozent Zustimmung gab es just bei der Frage, ob die Menschen bereit sind, ihre Daten zur Verfügung zu stellen. „Das ist in der Tat überraschend“, sagte die ehemalige NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens, die jetzt die Belange der Techniker Krankenkasse im bevölkerungsreichsten Bundesland vertritt. „Diese Ergebnisse sind aber auch eine Bestätigung, wie groß die Herausforderung für die gesamte Medizin ist.“

 

 

Kurzweilig war das zweite Forum Zukunftsmedizin, das im Logistikzentrum von Sigma in Düsseldorf stattfand. Der Ort war ideal gewählt, denn hier, in unmittelbarer Nähe der Vodafone-Zentrale, stehen unter anderem schnelle Leitungen zur Verfügung. Und die benötigt man, um zum Beispiel zu zeigen, wie das Krankenhaus der Zukunft aussehen kann. Eindrucksvoll präsentierten dies Professor Dr. Georg Sabin und Thorsten Celary vom Städtischen Klinikum Mönchengladbach. Die beiden Mediziner trafen als digitale Avatare vor das Publikum. Möglich gemacht hatte das die Düsseldorfer Doob-Gruppe mit ihrem Geschäftsführer Vladimir Puhalac, sowie Jasper Architects aus Berlin, die eigens für das Forum ein digitales Smarthospital entworfen hatten: helle Räume mit Blick auf eine sonnige Naturlandschaft. Hier trafen die beiden Avatare von Prof. Sabrin und Thorsten Celary aufeinander – verbunden über eine Datenleitung, einen Server in den USA und eine Datenbrille. „Mit solchen Technologien ist es uns möglich, in Zukunft zahlreiche Aufklärungsgespräche virtuell mit unseren Patienten zu führen. Sie werden das Arztgespräch zwar nicht ersetzen, aber die Instrumente helfen Arzt und Patient, sich auszutauschen und schnellere und persönlichere Informationen zu erhalten“, unterstrich Celary.

 

Auf dem Forum simulierten die beiden Mediziner ein Arzt-Patientengespräch, bei dem die wichtigsten Daten des Patienten, wie etwa Schlafdauer in der letzten Woche, EKG, Aktivitäten und andere medizinische Daten anschaulich auf einer virtuellen Wald dargestellt wurden. „Schon jetzt nutzen wir telemedizinische Technologien, um uns etwa mit polnischen Kliniken in Spezialfragen auszutauschen“, skizzierte Professor Sabin.

Allerdings wird es nach Ansicht von Celary noch einige Jahre dauern, bis es in den Krankenhäusern durchgehende digitale Prozesse gibt: „Das Geld dafür ist aus unserer Sicht vorhanden. Allerdings liegt Deutschland im internationalen Vergleich in der Umsetzung zwei bis fünf Jahre zurück – das lässt sich aber aufholen.“

In der angeregten Diskussionsrunde machte vor allem Friedrich von Bohlen und Halbach (Geschäftsführer Molecular Health GmbH) die Herausforderungen für die Zukunftsmedizin noch einmal deutlich: „Das Thema Datenmanagement in der Medizin wird uns und die Gesellschaft massiv verändern.“ Als Beispiel nannte er mehrere Faktoren, die dafür sorgen, dass die Medizin sich in den nächsten Jahren komplett verändert: Genome und andere Ome, Künstliche Intelligenz und die Daten aus der digitalen Gesundheitsakte, die in Deutschland im Jahr 2020/21 eingeführt wird, werden zu einer unglaublichen Datenvielfalt und damit zu einem Paradigmen-Wechsel führen, prophezeihte der Mediziner. „Mit den Molekularen Informationen kommt allerdings eine völlig neue Dimension hinzu, die für die Ärzte eine Herausforderung darstellen. Medizin-Studenten werden etwa aktuell hierzu noch nicht entsprechend geschult“, kritisierte er.

Er zeigte gleichzeitig auf, welche zentrale Bedeutung Daten in der Medizin der Zukunft haben werden. „Daten sind im Health-Bereich die neue Währung und ihr Wert nimmt von Jahr zu Jahr explosionsartig zu. Nicht nur die Pharmaindustrie wird an diesem Prozess aktiv teilnehmen, sondern auch Versicherungen und Krankenhäuser.“

Die Entwicklung sieht Friedrich von Bohlen aber durchaus positiv, wenn sich die Gesellschaft für die neuen Technologien öffne. „Klinische und molekulare Daten werden daher die Basis für Prävention und Prädiktion sein. Damit sind etwa präzise Diagnosen mit zielgenauen Therapieformen möglich.“

So profitiere die Pharmaindustrie von den neuen Technologien etwa dadurch, dass viele klinische Studien nicht mehr notwendig sein, weil genügend Daten zur Verfügung stehen. „Das wird unter anderem zu billigeren Produkten führen“, ist er überzeugt.

Doch was passiert mit dem Patienten und seinen Daten? Auch das wurde beim zweiten Zukunftsmedizin-Forum eifrig diskutiert. „Der Patient wird alle Daten haben, auch weil er in der Lage sein wird, Daten, die heute im Krankenhaus erhoben werden, in Zukunft selbst zu erheben“, betonte der Experte. „Es führt allerdings dazu, dass der Arzt eine andere Rolle einnehmen wird. Er wird in Zukunft mehr ein Berater für den Patienten sein – deshalb muss diese Entwicklung in das Curriculum für Ärzte aufgenommen werden.“

Rege diskutiert wurden diese Vorträge sowie weitere Ergebnisse der Umfrage vom Fachpublikum und auch einigen Lesern der Rheinischen Post. Moderator Christopher Peterka von gannaca und die Leiterin des RP-Forums, Pia Kemper, hatten sichtlich Freude an dem Austausch zwischen den Experten und dem Publikum.

 

Mehr Informationen zum Thema, über das Forum sowie weitere Ergebnisse der Umfrage sind ab dem 9. November in einer Sonderseite in der Rheinischen Post und hier zu lesen.

 

 



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